Lieber Herr Ivanov, Wie wollen wir nennen, was heute und morgen bevorsteht: Flüchtlingsgipfel? Showdown? Groko-Krisen-Treffen? Ein bisschen Sensationslust am großen Knall hat sich vor dem 3er Treffen morgen im Kanzleramt in die Berichterstattung gemischt. Und während alle Seiten Botschaften platzieren, wie weit sie zu gehen bereit sind, was nun getan oder gelassen werden muss, ertrinken vor Griechenlands schönen Urlaubsinseln täglich 20, 30 oder 40 Menschen.
Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer sind allesamt Spitzenpolitiker. Sie wissen, was möglich ist, wenn sie Partikular-Interessen hintenanstellen und pragmatisch handeln. Im Interesse derer, die hier sind. Und im Sinne derer, die immer noch zu uns wollen. Ob sie's tun, werden wir - aller Geräusche im Vorfeld zum Trotz - erst morgen wissen.
Zuvor werden heute erst einmal die Claims abgesteckt: Die SPD-Führung kommt mittags in Berlin zusammen, genauso wie (ab 19 Uhr) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit CSU-Chef Horst Seehofer. In den Seitenflügeln bereit halten sich die ,Chief-Whips' Volker Kauder (CDU) und Gerda Hasselfeldt (CSU). Angela Merkel wird zu diesem Zeitpunkt schon wissen, mit welcher Position Sigmar Gabriel in das Gespräch am nächsten Tag gehen wird. Und versuchen, Seehofer (und ein bisschen Kauder) von gemeinsamen Linien zu überzeugen. Es kommt auf die Kanzlerin an. Das ist auch morgen so.
„Ich habe die Sorge, dass Afghanistan zerbröselt", sagte Deutschlands höchstrangiger NATO-General Domröse gestern in BILD. Paul Ronzheimer und unser Fotograf Andreas Thelen fuhren hin, nach Afghanistan. Dort sprachen sie mit den Menschen und sahen alle Vorurteile bestätigt: Die Afghanen wollen weg. Nach Deutschland. Und bevor wir unsere Aggressionen auf sie lenken, weil sie glauben, Deutschland sei bereit 800000 afghanische Flüchtlinge aufzunehmen, sollten wir uns vergegenwärtigen, dass viele von ihnen vor den Taliban fliehen, die Deutschland zu Verhandlungspartnern erklärt hat.
„Morgen wird in der Türkei gewählt. Es ist eine der wichtigsten Wahlen in der Geschichte des Landes. Und eine zentrale Wahl für Europa. Denn morgen wird sich zeigen, ob die Türkei auf den Weg der Demokratie zurückfindet oder ob sie auf dem Weg in ein autoritäres Regime voranschreitet, schneller als zuvor", das schreibt der berühmteste Journalist der Türkei, Ertugrul Özkök, heute in BILD. Seine Analyse lesen Sie hier.
Was steht drin im neuen Fortschrittsbericht zur Türkei, den die Europäische Kommission unter Verschluss hält? Nicht viel Gutes! So heißt es in dem Bericht, der BILD exklusiv vorliegt, über das türkische Rechtssystem, die „Situation habe sich seit 2014 zurück entwickelt". Die "Unabhängigkeit der Justiz" und das Prinzip der Gewaltenteilung seien „wesentlich unterminiert" worden. „Richter und Staatsanwälte sind starkem politischen Druck ausgesetzt gewesen." So habe die Regierungs-Kampagne gegen angebliche „Parallelstrukturen" innerhalb des Staates zeitweise in die Unabhängigkeit der Justiz eingegriffen. Und so weiter. Und so weiter. Auch die Passagen über Presse- und Meinungsfreiheit sind desaströs. Da der Bericht offiziell unter Verschluss ist, ist immer noch möglich, dass er auf Druck Erdogans weiter angepasst wird.
Es war ein Diplomaten-Gipfel besonderer Art, den mein Kollege Rolf Kleine gestern Abend in Brandenburg erlebte: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (59, SPD) und Schauspielerin Natalia Wörner (48) waren beide Gast der Vorpremiere zur neuen ARD-Teihe „Die Diplomatin". Natalia Wörner spielt darin die deutsche Botschafterin ,Karla Lorenz', die im Auftrag des Auswärtigen Amtes in Asien Krisen löst. Vor den Dreharbeiten machte Natalia Wörner ein Praktikum im Auswärtigen Amt. Steinmeier (kam direkt von den Syrien-Verhandlungen aus Wien) nahm die mediale Verlängerung seines Amtes in seichte Gewässer gelassen: „Immerhin, im Film gelingt es, Krisen in 90 Minuten zu lösen..."
Ich wünsche Ihnen ein krisenfreies und entspannendes Wochenende |
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