Von BÉLA ANDA Berlin – Der 20. November ist ein wichtiger Tag für Horst Seehofer.
Da will er sich wiederwählen lassen zum CSU-Vorsitzenden. In den Messehallen in München-Riem, bis vor wenigen Wochen noch ein Erstaufnahmezentrum für Tausende von Flüchtlingen, die jetzt über ganz Deutschland verteilt sind.
Wenn Bayern die Lage steuern kann, davon ist Seehofer überzeugt, funktioniert Flüchtlingspolitik. Dort wo er angewiesen ist auf Österreicher, Angela Merkel oder den Rest der Republik, läuft alles aus dem Ruder.
Der Horst muss es machen! Denkt Horst. Er oder keiner!
95,3 Prozent hatte Seehofer vor zwei Jahren geholt bei seiner letzten Wahl zum Parteivorsitzenden der Christlich Sozialen Union, ein Rekordergebnis. Und nun? Sollen's noch mehr sein!
Er war totgesagt, krankgeschrieben, für machtlos erklärt. Doch er kam zurück. Immer wieder. Das spektakulärste Comeback bescherte ihm im Sommer die Flüchtlingskrise.
Denn er verlangt nach mehr. Nach Grenzschließungen. Vor allem aber nach Abkehr von Angela Merkels Leitspruch „Wir schaffen das". „Seehofer geht es um das Eingeständnis Merkels, in der Flüchtlingspolitik komplett falsch zu liegen", urteilte das „Handelsblatt".
Doch dieses Eingeständnis, so viel ist sicher, wird man von Angela Merkel nie hören.
Warum nicht?
Weil die Chance auf eine gemeinsame europäische Lösung der Flüchtlingskrise dann unmöglich wäre. Weil die Krise, die nach Meinung des einflussreichen EU-Parlamentariers Elmar Brok (69, CDU) Dimensionen wie der 30jährige Krieg erreicht hat, nur innerhalb Europas gemeinsam zu lösen ist.
Mit Brüssel. Und nicht allein in Bayern.
Während SIE versucht, Europa zu retten, verbraucht ER seine Energie im Nahkampf mit der Schwesterpartei aus dem Norden. Es ist verschossene Energie, ein nutzloses sich Abarbeiten an einer Gegnerin, die keine ist.
Dabei könnte Seehofer stolz sein auf das, was bisher erreicht wurde, zumindest auf dem Papier:
Zum 1. November, dem Tag, an dem das von ihm gesetzte Ultimatum endet, tritt die größte Asylrechtsänderung in Kraft, die es in Deutschland nach Kriegsende gegeben hat:
Abschiebungen dürfen nicht mehr angekündigt werden. Länder des Westbalkans gelten jetzt als sichere Herkunftsstaaten. In Erstaufnahmeeinrichtungen sollen „so weit wie möglich" Sachleistungen statt Bargeld ausgegeben werden.
Im Bundesrat durchgesetzt, gegen Niedersachsen, Bremen, Thüringen, rot-grün oder rot-rot-grün regiert. Ein Erfolg von CDU und CSU, auch seiner.
Doch das sagt er nicht.
Stattdessen liefert er sich einen bizarren Wettstreit mit seinem potenziellen Irgendwann-einmal-Nachfolger Markus Söder, Bayerns Finanzminister aus Franken:
Sieht Seehofer durch die Flüchtlingskrise die „Existenz von CDU und CSU" bedroht, fürchtet Söder um „die Zukunft der Union".
Lässt Seehofer Berichte über einen Abzug seiner drei CSU-Minister aus der Regierung Merkel offen („wir sind auf alles vorbereitet"), sieht Söder CDU und CSU in ihrer „schwierigsten Situation seit 1976".
Warum handelt Horst Seehofer so?
Weil es ihm um Bayern geht?
Oder doch vielleicht um ihn?
Seehofer gilt innerhalb der Union sei vielen Jahren als Egoist. Den Machtkampf zwischen seinen potentiellen Nachfolgern Ilse Aigner und Markus Söder reizt er bis zum äußersten aus. Mal ist der eine in der Gunst, mal die andere.
Und nicht immer sind seine Entscheidungen rational nachvollziehbar: Den Posten des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gab Seehofer 2004 zurück – weil er sich geweigert hatte den von CDU und CSU vereinbarten Gesundheitskompromiss mitzutragen.
Und schon damals kritisierte Ronald Pofalla: „Selbstverliebtheit zu zelebrieren zu Lasten der anstehenden Wahlkämpfe geht eindeutig zu weit." Und: Seehofers Verhalten erscheine ihm „allmählich absurd".
Geschichte wiederholt sich. Eben doch! |
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