| | | | Lieber Herr Ivanov, 60 Minuten Vorlauf hatte Wladimir Putin seinem New Yorker Gesprächspartner Barack Obama gegeben, mit dem er sich noch 48 Stunden zuvor zugeprostet hatte. Dann starteten russische Bomberpiloten ihre Angriffe. Die Warnung wie eine Szene aus „Homeland": Ein russischer General geht in der irakischen Hauptstadt Bagdad aus einem neu-eingerichteten Geheimdienstzentrum über die Straße zur US-Botschaft. Dort spricht er seine Losung. Die US-Militärs wissen Bescheid. Genügend Zeit bleibt, dass US-Jets den russischen nicht in die Quere kommen.
Die Ziele der für den Westen völlig überraschenden Putin-Aktion waren nach Berichten von Experten nicht ISIS-Terroristen, sondern die vom Westen unterstützten Rebellen-Truppen, die gegen Syriens Diktator Assad kämpfen. Oder besser: kämpften. Denn wen Putins Bomber trafen, kämpft gegen niemanden mehr. Die USA zeigten sich „verärgert". Und was sagt Außenminister Steinmeier? Zu den russischen Angriffen gebe es bislang „keine wirklich belastbaren Hinweise über die Ziele und Methoden". Stimmt, doch Spekulationen dazu gibt es zahlreiche, auch im Außenministerium. Heute Abend spricht Deutschlands Außenminister vor der UNO. Ob er dann ein paar klare Worte zu den Attacken findet?
„Noch im Juli hätte kaum einer einen Pfifferling auf die politische Zukunft von Horst Seehofer gegeben", schreibt mein Kollege Ralf Schuler in seinem heutigen Stück über Bayerns Ministerpräsidenten und seine andauernden Angriffe gegen Angela Merkel. Der CSU-Chef attackiert seit Wochen die Bundeskanzlerin in einer Offenheit, wie sie früher nicht einmal in Hintergrundgesprächen geäußert worden wäre. Will Seehofer die Bundeskanzlerin stürzen? Zumindest nimmt er in Kauf, dass sie massiv beschädigt wird, analysiert Schuler.
Wer´s gut meint mit Angela Merkel, sagt, die Union spiele in der Flüchtlingsdebatte mit wechselnden Mehrheiten – hier die Gutmenschen bei der CDU, dort die Hardcore-Realisten bei der CSU. Sie alle lassen außer Acht: Die CSU tritt nicht außerhalb Bayerns an. Und die CDU war bisher stets bestrebt, die gesamte Bandbreite des seriös-konservativen Spektrums in ihren eigenen Reihen anzubieten. Doch wo einst Dregger und Koch standen, präsidiert heute nur noch der schwarz-grüne Koalitionär Bouffier.
Was also bezweckt Horst Seehofer mit seinem Kurs? Eine Folge seiner „Ich-bin-gegen-den-Merkel-Kurs-in-der-Flüchtlingspolitik"-Linie ist, dass er seinem innerparteilichen Rivalen Markus Söder jeden Raum zur Profilierung in dieser Debatte nimmt. Der hatte gerade begonnen, sich in diversen Talkshows warm zu reden. Nevermore!
In Berlin hält der Bundestag heute in erster Linie die Sitzung zur geplanten Asylrechtsänderung ab. Dass etwas geschehen muss, ist unbestritten: Montag kamen 10.000 neue Flüchtlinge über die Grenzen nach Deutschland, Dienstag waren es 13.000. Die Menschen sind da, nur die Bilder fehlen.
Passend dazu werden in Stockholm heute die „Alternativen Nobelpreise" vergeben. Guckt man sich die Kategorien an – Umweltschutz, friedliche Konfliktlösung, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte – frage ich mich, was daran noch „alternativ" ist.
Ich wünsche Ihnen einen engagierten Tag
| | | | | | | | Ihr Béla Anda | | BILD Politik-Chef Stellvertretender Chefredakteur | | | | | |
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