| | Lieber Herr Ivanov, ein Spiel dauert 90 Minuten, manchmal 120 und am Ende kann auch mal der Rekordmeister gegen einen ehemaligen Abstiegskandidaten in die Knie gehen. Diese Überlegung gilt nicht nur für den gestrigen Bayern-Kracher und den bis zu den neueren Haarspitzen mit Adrenalin aufgepumpten Jürgen Klopp. Sie mögen auch den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel bewogen haben, sich jetzt zu entscheiden, 2017 ins Rennen um die Kanzlerschaft zu gehen.
„Alles Quatsch", das twitterte SPD-Vize Ralf Stegner gestern zur BILD-Geschichte über die Vorfestlegung Sigmar Gabriels. Ich twitterte zurück: „Hm? Warum will @Ralf_Stegner nicht, dass Sigmar #Gabriel #SPD-Kanzlerkandidat wird? Will er etwa selbst? #allesquatsch." Stegner antwortete (schon wieder mit) „Quatsch. Bei SPD hat Parteivorsitzender hier das erste Wort und das ist auch gut so! Aber: Wahlen 2017 nicht 2015!"
Auch im Willy-Brandt-Haus hieß es, die BILD-Geschichte komme „zur Unzeit". Selbsternannte Strategen in der SPD-Zentrale verwiesen zudem auf eine wenige Wochen alte Story meines Kollegen Rolf Kleine über einen möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. „Seht doch", so die Botschaft: „Erst schreiben die BILD-Leute, Schulz solle es werden, dann plötzlich Gabriel. Heute Hü, morgen Hott. Passt doch alles nicht zusammen."
Passt doch! Denn tatsächlich hatte Gabriel mit Schulz über die Möglichkeit einer potentiellen Kanzlerkandidatur des Europaparlament-Vorsitzenden gesprochen. Im Zuge der letzten Wochen erkannte der SPD-Chef jedoch: Will er sein Amt als SPD-Vorsitzender wahren – und das will Gabriel – muss er diesmal springen. Und da er nicht ins Bodenlose fallen will, beginnt er sich neu aufzustellen. Und spätestens 2017 auch mit Ralf Stegner darüber zu reden...
Die BND/NSA-Affäre zieht Kreise. Noch vor zwei Wochen, am 14. April, antwortete das Innenministerium in Drucksache 18/4530 auf eine Anfrage der Linken zur NSA-Spionage: „Es liegen weiterhin keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA oder anderen US-Diensten in anderen Staaten vor." Tatsächlich hatte nur einen Monat zuvor der BND das Kanzleramt ausführlich und zum wiederholten Male über die Wirtschaftsspionage der NSA in mehreren europäischen Staaten, gegen europäische Unternehmen und französische Behörden informiert. Die Antwort aus dem Hause de Maizière widersprach eindeutig den Erkenntnissen der Bundesregierung! Da kann man schon – um es mit den Worten des Innenministers zu sagen – die Krätze kriegen.
Wieviel Lohn ist gerecht, dieser Frage geht BILD heute in seiner Aufmachergeschichte nach. Auslöser ist die Forderung der Gewerkschaft ver.di nach bis zu 20 Prozent mehr Lohn für Erzieher – und die seit gestern laufende Urabstimmung über Streiks: Stimmen die rund 240 000 Erzieher in kommunalen Kitas dafür, droht bereits ab Ende nächster Woche ein bundesweiter Arbeitskampf! Zu Beginn des Streiks war ich persönlich sehr dagegen. Was sollen Mütter und Väter tun, mit 2 Jobs, und mit Oma und Opa in zu weiter Entfernung wohnend, um bei der Kinderbetreuung einspringen zu können? Beim Blick auf die Gehaltstabelle wird klar: Forderungen nach mehr Lohn sind bei denjenigen, denen wir unsere Jüngsten und Kleinsten anvertrauen, berechtigt! Berufsanfänger in Kitas kommen auf ein Monatsgehalt von rund 2080 Euro brutto, nach 10 Jahren sind es im Schnitt 2647 Euro. Ein Paketzusteller erhält dagegen beispielsweise 2966 Euro/Monat. Diejenigen, die vorschnell den lästigen Arbeitskampf kritisieren, sollten dies bedenken.
Termine: Ab 09.30 Uhr tagt das Bundeskabinett u.a. wird ein Gesetz zur besseren Betreuung Sterbenskranker (Palliativgesetz) auf den Weg gebracht. Und: Unter Vorsitz Deutschlands findet heute bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) in London eine Ukraine-Geberkonferenz statt. Ziel ist die Finanzierung einer neuen Betonabdeckung für das havarierte AKW Tschernobyl. 1997 hatten die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) den Aufbau eines Fonds vereinbart – bisher haben sie und Russland 1,5 Milliarden Euro zugesagt. Hier funktioniert G8 noch. Viel gut investiertes Geld!
„Hier zeigt sich eine paternalistische Haltung, die besser ins 18. als ins 21. Jahrhundert passt." Das schreibt der Fraktionschef der Piratenpartei in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf im „Tagesspiegel". Und meint den Hundestreit am Schlachtensee, von dem ich Ihnen gestern berichtete.
Recht hat er!
„Hat Willy Brandt wirklich geangelt?" Um zu zeigen, das Deutschlands 4. Kanzler seit Kriegsende tatsächlich das Angeln liebte, lädt die Landesvertretung Rheinland-Pfalz zu einer Ausstellungseröffnung am 5. Mai 2015, ab 19.00 Uhr. Zugleich wollen die Macher so mit einem weitverbreiteten Vorwurf aufräumen: dass Willy Brandt nur zur Angel gegriffen habe, wenn Fotografen in der Nähe waren...Na, denn!
Ich wünschen Ihnen einen fröhlichen Mittwoch | | | | | | | | Ihr Béla Anda | | BILD Politik-Chef Stellvertretender Chefredakteur | | | | | |
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