| | | | Lieber Herr Ivanov, 2 Anflüge brauchte es, dann landete der Regierungs-Airbus A340-300 mit Außenminister Steinmeier und einem Trupp Mitarbeiter, Sicherheitsbeamte und Journalisten gestern um 22.40 Uhr wieder in Berlin. Warum 2 Anflüge? Ein anderer Jet-Pilot hatte die Rollbahn in Tegel nicht rechtzeitig verlassen. Steinmeiers Chefpilot – den Fernsehturm hatte er schon passiert – entschied sich für den Landeabbruch. Sicher ist sicher.
Was bleibt vom Kurztrip an und über den Hindukusch? Die Sicherheitslage in Afghanistans Hauptstadt ist angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Wohin wir uns bewegten, taten wir dies in gepanzerten Jeeps, mit Stahlhelm auf dem Kopf, die Splitterschutzweste um den Leib. Die Tatsache, dass der Außenminister und seine Begleiter nicht in Kabul übernachteten, ist nur ein Zeichen für die Verschärfung der Lage. Wir konnten Kabul am Abend wieder verlassen, die Soldaten und vor allem die zivilen Mitarbeiter dort jedoch nicht. Wegen der, auch im Vergleich zu vorherigen Sommern, extrem angespannten Sicherheitslage sind Botschaftsangehörige fast nur noch in ihren geschützten Compounds. Sie leisten Heldenhaftes. Für Deutschland.
Mit dabei und zum ersten Mal in Afghanistan war Cem Özdemir. Einladungen zuvor hätte es viele gegeben, „es hätte nur noch nie gepasst". In Berlin gelang dem Grünen-Parteichef ein schwarz-grüner Coup: Auf Özdemirs Bitte wird Bundestagspräsident Norbert Lammert nächsten Montag den türkischen Co-Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtaş, empfangen. Der hatte bei den letzten Wahlen mit seiner Bewegung Türken-Neo-Sultan Erdogan um dessen absolute Mehrheit gebracht. Weil absolute Herrscher auch absolut herrschen wollen, gibt es jetzt Neuwahlen in der Türkei. Wie Demirtaş seine Chancen sieht, wird er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Özdemir ebenfalls kommenden Montag berichten.
Während die Bundeskanzlerin landauf landab dafür gefeiert wird, mit ihrem gestrigen Auftritt in der Bundespressekonferenz die richtigen Worte zur Flüchtlingsfrage gefunden zu haben, rollen die Sonderzüge weiter Richtung Deutschland. Und was machen unsere östlichen Nachbarn? Weiter nichts! Im Gegenteil: Die Gruppe der Visegrád-Staaten – Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn – plant wegen der Flüchtlingsströme in den nächsten Tagen einen Sondergipfel in Prag. Vorsorglich hat Tschechiens Ministerpräsident Sobotka schon mal erklärt, er hoffe, dass die Visegrád-Staaten bei ihrer geschlossenen Ablehnung von Flüchtlingsquoten blieben. Und Polens Präsident begründet die Nichtaufnahme von Flüchtlingen bisher mit Flüchtlingen, die er nicht aufnimmt. Oh, Europa!
Ich wünsche Ihnen einen heiteren Dienstag | | | | | | | | Ihr Béla Anda | | BILD Politik-Chef Stellvertretender Chefredakteur | | | | | |
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